Von hinten durch die Brust ins Auge

Wir waren soweit, dass wir die Geburt des Johann Jürgen/Georg im Jahr 1706 verorten konnten, und die Anna Elisabeth N. im Jahre 1702. Wir wußten nur nicht wo. Außer, dass es wahrscheinlich NICHT im Kirchspiel Heringhausen war.
Wie erwähnt, grenzt das Kirchspiel im Norden an katholisches Gebiet. Eine Geburt dort war also nicht anzunehmen. Insofern richtete sich der Blick nach Süden, zu den Kirchspielen Adorf (grün), und Schweinsbühl und Flechtdorf (rot).

Das Ergebnis war nicht wirklich erfolgreich. Im Kirchspiel Adorf (grün) tritt der Familienname Arnold zum ersten Mal in Benkhausen im Jahr 1710 auf, im Rahmen der Taufe der Anna Maria Arnold am 17.11.1710, als Tochter des Henrich Arnold zu Benkhausen. Davor (bis zum Beginn der Kirchenbücher in diesem Kirchenspiel im Jahr 1648) ist der Familienname Arnold nicht auffindbar. Und demzufolge keine Taufe eines Johann Jürgen/Georg Arnold im Jahr 1706.

In Schweinsbühl und Flechtdorf gestaltete sich die Suche deutlich problematischer bzw. auch einfacher. In beiden Kirchspielen existieren große Lücken in den Kirchenbüchern. Für Schweinsbühl fehlen alle Jahrgänge von ca. 1682-1750, für Flechtdorf alle Jahrgänge von ca. 1682-1725. Der für uns relevante Zeitraum um 1706 ist also für beide Gemeinden nicht vorhanden.

In einem ersten Schritt verfolgte ich nun wiederum den Ansatz aus dem vorherigen Blog-Post: Verfolge alle Namensträger, ein Kind bleibt selten allein. Und insofern entdeckte ich weitere Kinder des Henrich Arnold in Benkhausen.

Aber ich fand nicht nur die Kinder des Henrich Arnold, welcher offensichtlich Müller in Benkhausen war, so seine Standes-Angabe in den verschiedenen Tauf-Einträgen, sondern auch seinen Begräbniseintrag. Leider wiederum ohne Geburtsort, wobei nunmehr klar war, das dieser wohl weder im Kirchspiel Heringhausen, noch im Kirchspiel Adorf gewesen sein kann.

Am 14. November 1732 wird Henrich Arnold im Alter von vermeintlich 54 Jahren in Benkhausen begraben. Insofern müßte sein Geburtsdatum im Bereich 1678/1679 liegen. Wo auch immer. Jedenfalls nicht im Kirchspiel Heringhausen oder Adorf.

Tatsächlich gibt es jedoch dieses kleine Zeitfenster an Kirchenbüchern für Flechtdorf und Schweinsbühl (rot), für welche die Aufzeichnungen im Zeitraum 1646-1682 vorhanden sind! Das errechnete Geburtsdatum fällt zufälligerweise genau dort hinein! Und in der Tat finden wir die Taufe des späteren Müllers Henrich Arnold aus Benkhausen in dem Fragment der Kirchenbücher von Schweinsbühl!

Am 3.2.1678 wird Henrich (“Henricus”) Arnold in Schweinsbühl getauft! Das paßt exakt zum Sterbealter von 54 Jahren im Jahr 1732. Und es gibt ja auch schlichtweg in den Kirchenbüchern keine anderen Namensträger. Manchmal ist die Information, was NICHT da ist, genau so wertvoll, wie die Informationen, die vorhanden sind.
Die Herkunft wird klarer: Wir finden keine Arnolds in den Kirchspielen von Heringhausen vor 1736 und von Adorf vor 1710, weil die Familie offensichtlich aus Schweinsbühl initial stammt! Und der Vater von Henrich Arnold scheint ein Hildebrand Arnold aus Schweinsbühl zu sein.

Nachdem dies klar war, wenden wir uns wieder den Konfirmationslisten zu. Und dort erwartet uns eine freudige Überraschung!

Neben den Konfirmationen der oben genannten Kinder finden wir tatsächlich noch 3 weitere, frühere Konfirmationen, von Kindern, welche offensichtlich nicht in Benkhausen geboren wurden, aber dort konfirmiert wurden. Namentlich heißt dies:

Catharina Elisabeth Arnold, welche 1716 in Benkhausen konfirmiert wurde, und demzufolge im Bereich 1703 (woanders) geboren sein sollte:

Johann Georg Arnold (!), der 1719 in Benkhausen konfirmiert wurde, und demzufolge im Bereich 1706 (woanders) geboren sein sollte:

Und Johann Wilhelm Arnold, der 1721 in Benkhausen konfirmiert wurde, und demzufolge im Bereich 1709 (woanders) geboren sein sollte:

Frühere Konfirmationen von Namensträgern Arnold sind nicht zu verzeichnen. Das heißt, die früheste Geburt wird die Catharina Elisabeth Arnold um 1703 sein. Was eine Hochzeit des Henrich Arnold um 1702 nahelegt.

Dem geneigten Leser fällt auf, dass es eine N(ota)B(ene) für die Konfirmation des Johann Wilhelm Arnold gibt. Diese Anmerkung wird in einem anderen Kontext sehr wichtig werden, und unterstreicht noch mal die Relevanz von Konfirmationseinträgen. Im aktuellen Forschungskontext ist sie jedoch nicht von Relevanz.

Zusammenfassend, und es mag ein wenig untergegangen sein in den ganzen Einträgen, haben wir erhebliche Forschungsfortschritte in Bezug auf die Herkunft von Johann Georg Arnold erzielt!

  1. Ein Johann Georg Arnold ist wahrscheinlich im Jahr 1706 geboren, und im Jahr 1719 in Benkhausen konfirmiert worden.
  2. Dessen Vater war wohl Henrich Arnold, geboren 1678 in Schweinsbühl, und ging zwischen 1709 und 1710 nach Benkhausen, wo er als Müller auftaucht.
  3. Dieser Henrich Arnold stirbt in Benkhausen 1732.
  4. Der Vater von diesem Henrich Arnold ist Hildebrand Arnold in Schweinsbühl. Demnach der Großvater in männlicher Linie des Johann Georg Arnold.
  5. Der Johann Georg Arnold ist in den Kirchenbüchern von Adorf (grün) nach seiner Konfirmation 1719 nicht mehr auffindbar!

Aufgrund dessen, dass der Vater Henrich Arnold in Schweinsbühl geboren wurde, und die ersten 3 Kinder Catharina Elisabeth Arnold, Johann Georg Arnold und Johann Wilhelm Arnold NICHT in Benkhausen geboren wurden, liegt der Schluß nahe, dass diese Kinder wohl noch in Schweinsbühl geboren wurden.

Diesem Thema widmen wir uns dann, mit einem etwas mysteriösen Aspekt, im nächsten Teil…
https://webforscher.wordpress.com/2022/12/16/das-geheimnis-der-verschollenen-kirchenbucher/

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